2015-10-21

Wie werden Nutzungsrechte übertragen?

Wie in meinem letzten Beitrag angekündigt, hatte ich eine Mail an De Gruyter geschrieben mit dem Wunsch, dass mein Bibliotheksdienstartikel von 2009 nicht weiter auf der De-Gruyter-Webseite gegen einen Betrag von 30 Euro angeboten würde. Am 9. Oktober erhielt ich eine Antwortmail von De Gruyter.

Update II: Nachdem ich das ursprüngliche Original-E-Mail-Zitat an dieser Stelle nach einer Aufforderung von De Gruyter zum Löschen desselben heute (2015-10-23) morgen ersatzlos entfernt hatte (Update I), hat De Gruyter mir erklärt, dass es sich ausschließlich an meinem Zitieren von Geschäftsmails gestört hätte, wo eine Paraphrasierung der Verlagsposition geboten gewesen wäre. Ich entschuldige mich hiermit insbesondere für die ursprüngliche Nennung des Absendernamens – das ist in der Tat kein guter Stil – und komme dem Wunsch nach Paraphrasierung nach:

In der E-Mail hieß es, ZLB und De Gruyter hätten vertraglich vereinbart, dass die Bibliotheksdienstes-Jahrgänge von 1967 bis 2012 von De Gruyter retrodigitalisiert[*] und anschließend gegen Geld im Web angeboten werden könnten. Die ZLB habe somit diese Verwertungsrechte an De Gruyter übertragen.

Die Antwort von De Gruyter wirft in meinen Augen die grundlegende Frage auf, ob die ZLB die Verwertungsrechte für die Jahrgänge 1996 bis 2012 überhaupt je besessen hatte, die sie an De Gruyter verkauft haben soll. Soweit ich weiß, gab es keine schriftlichen Verträge zwischen der ZLB und den Autor/innen, ich zumindest habe so etwas nie unterzeichnet. Was es gab, war die dokumentierte Publikationspraxis, dass Artikel zunächst in der Printfassung und drei Monate später frei zugänglich im Web veröffentlicht wurden. So hieß es etwa noch im August 2012 auf der Startseite des Bibliotheksdienst (Wayback Machine): "Die Beiträge der Rubrik "Themen" der einzelnen Hefte werden drei Monate nach Erscheinen der Druckausgabe online im PDF-Format veröffentlicht, die Stellenanzeigen ca. 14 Tage nach Erscheinen der Druckausgabe." Vor diesem Hintergrund halte ich es für zweifelhaft, dass die ZLB alle wesentlichen Nutzungsrechte an den abgelieferten Artikeln erhalten hat, was sicher notwendige Voraussetzung ist, um sie an De Gruyter veräußern zu können.
Mich würde interessieren, wie die rechtliche Situation von Menschen eingeschätzt wird, die sich mit Nutzungsrechtfragen besser auskennen.

Was indes den von mir verfassten Text angeht, kann ich – auch wenn ich die Argumentation rechtlich fragwürdig halte – niemanden davon abhalten, ihn gegen Geld zu verbreiten. Schließlich habe ich den Artikel selbst unter CC-BY lizenziert, was wiederum voraussetzt, dass ich – und damit andere Autor/innen wohl auch – die ausschließlichen Nutzungsrechte nicht an die ZLB abgegeben habe...

[*] Auf meine Nachfrage hin wurde bestätigt, das tatsächlich die gedruckten Hefte aller Jahrgänge des Bibliotheksdienst digitalisiert worden seien, auch die Jahrgänge 1996 bis 2012, deren Artikel bereits in durchsuchbarer elektronischer Form vorlagen.

2 Kommentare:

kg hat gesagt…

Meine Antwort zur Rechtslage:

http://archiv.twoday.net/stories/1022483803/

Christain Gutknecht hat gesagt…

Leider kenne ich nur die Schweizer Situation. Bei der gilt gemäss Hilty & Seemann (http://doi.org/spk):

"Der Abschluss des Verlagsvertrags ist nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form gebunden. Der Vertrag muss also weder schriftlich noch ausdrücklich sein. Wenn z.B. der Urheber dem Verleger sein Manuskript mit der Bitte um Veröffentlichung in einer bestimmten Zeitschrift zustellt und der Verleger daraufhin den Text dort abdruckt, so ist rechtlich ein Verlagsvertrag entstanden, da sich die Einigung in den wesentlichen Vertragspunkten aus dem Schreiben des Urhebers (Vertragsangebot) und der darauf folgenden, entsprechenden Handlung des Verlegers (Vertragsannahme) ergibt.

Mit anderen Worten kann ein Verlagsvertrag auch ohne schriftliche oder mündliche Vereinbarung, sondern allein aus dem entsprechenden Verhalten von Urheber und Verleger entstehen. Deshalb liegt rechtlich oftmals auch dann ein Verlagsvertrag vor, wenn der nicht rechtskundige Urheber der Auffassung ist, er habe „keinen Vertrag“ abgeschlossen bzw. „nichts unterschrieben“.

Wurde aber darüber hinaus nichts anderweitiges vereinbart gilt in der Schweiz, dass AutorInnen die Artikel selber nach drei Monaten veröffentlichen können (Art. 382 OR), mindestens in der Autorenversion.

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