"Es war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung für mich, einen solches Druckwerk herauszugeben. Ich habe eine Menge dabei gelernt und würde einiges beim nächsten Mal anders machen. (Dass es ein nächstes Mal geben wird, bezweifle ich allerdings ernsthaft.) Hoffentlich finde ich noch die Zeit, meine Erfahrungen in einem separaten Beitrag zu niederzuschreiben..."Da Christian Hauschke in einem Kommentar sein Interesse an einem entsprechenden Beitrag angemeldet hatte, liefere ich hier nun nach und schreibe mal auf, was ich gelernt habe, wie ich ein solches Projekt beim nächsten Mal angehen würde und welche weitere Unterstützung mir von Verlagsseite willkommen wäre.
Ein Projekt
Zunächst mal ist klarzustellen: Bei der Erstellung und Veröffentlichung eines Sammelbands handelt es sich um ein größeres Projekt, an dem ein mittelgroßes Projektteam beteiligt ist. In unserem Fall bestand das Projektteam aus 17 Autorinnen und Autoren (inklusive der beiden Herausgeber) sowie zwei Ansprechpartnerinnen bei de Gruyter. Das Projekt dauerte knapp zwei Jahre. (Die Idee eines solchen Sammelbands hatte Patrick mir bereits im Sommer 2011 unterbreitet. Begonnen hat das Projekt Anfang November 2011 als Patrick mir den Link zum ersten Entwurf des Call for Participation (CfP) schickte. Ende September 2013 habe ich dann die gedruckten Belegexemplare in Händen gehalten, womit für mich das Projekt abgeschlossen war. [1])
Dass das Projekt – wie so viele andere auch – nicht ganz wie geplant abgelaufen ist, zeigt sich in der Diskrepanz zwischen dem ursprünglich angekündigtem und dem tatsächlichen Veröffentlichungstermin des Sammelbands. Der CfP lief am 18.3.2012 aus. Darin deuteten wir einen sehr sportlichen Veröffentlichungstermin für Anfang Herbst 2012 an. Die tatsächliche Veröffentlichung war dann allerdings ziemlich genau ein Jahr später als ursprünglich geplant. Welche Probleme gab es? Was habe ich gelernt?
Dass das Projekt – wie so viele andere auch – nicht ganz wie geplant abgelaufen ist, zeigt sich in der Diskrepanz zwischen dem ursprünglich angekündigtem und dem tatsächlichen Veröffentlichungstermin des Sammelbands. Der CfP lief am 18.3.2012 aus. Darin deuteten wir einen sehr sportlichen Veröffentlichungstermin für Anfang Herbst 2012 an. Die tatsächliche Veröffentlichung war dann allerdings ziemlich genau ein Jahr später als ursprünglich geplant. Welche Probleme gab es? Was habe ich gelernt?
Lektionen
Hier die vier wichtigsten Lehren, die ich aus dem Projekt gezogen habe:
Ich hatte auf jeden Fall den Aufwand dieses Unternehmens stark unterschätzt. Ein Sammelband lässt sich nicht mal eben nebenher herausgeben! Für die Akquise von Beiträgerinnen und Beiträgern, das Lesen der Einreichungen und die gesamte Kommunikation ist eine Menge Zeit einzuplanen.
2. Plane gut.
Es sollten von Beginn alle Aufgaben gesammelt und realistische Fristen für deren Erledigung festgelegt werden. Das heißt: Sowohl die Autorinnen und Autoren als auch die Herausgeber sollten sich in der Lage fühlen, ihre jeweiligen Aufgaben innerhalb der vorgegebenen Fristen zu erledigen.
Beispielsweise hatten Patrick und ich in der ursprünglich für Texterstellung, Gegenlesen, Rückmelden und Verbessern der Texte vorgesehenen Phase nicht genug Zeit, weshalb wir die Zeitplanung bereits in dieser Phase nach hinten verschieben mussten. So etwas ist war vor allem für jene fleißigen Autorinnen und Autoren blöd, die sich an die Fristen halten und dann aber am längsten auf die Veröffentlichung ihrer Texte warten müssen. :-/ Da davon auszugehen ist, dass schon einige der Beiträge für Verzögerungen sorgen, ist es eigentlich Aufgabe der Herausgeber nachzuhaken und nötigenfalls Druck zu machen anstatt selbst für Verzögerungen zu sorgen.
3. Dokumentiere den Fortschritt und sorge für Einhaltung der Fristen.
Insbesondere bei zwei Herausgebern essentiell: ein Ticketsystem benutzen, in dem alle Aufgaben, deren Fristen und Fortschritte dokumentiert werden. So kann sich jeder in kurzer Zeit einen Überblick über den Stand des Projekts verschaffen. Es sollte zudem eine klare Festlegung geben, wie mit Nichteinhaltung der Fristen umgegangen wird und nach wie vielen Erinnerungen ein Beitrag gestrichen wird. Diese Vorgehensweise sollte säumigen Autoren klar kommuniziert werden. (Wir sind einem Beitrag monatelang hinterhergelaufen ehe wir unsere Bemühungen aufgaben und ihn endgültig aufgaben.)2. Plane gut.
Es sollten von Beginn alle Aufgaben gesammelt und realistische Fristen für deren Erledigung festgelegt werden. Das heißt: Sowohl die Autorinnen und Autoren als auch die Herausgeber sollten sich in der Lage fühlen, ihre jeweiligen Aufgaben innerhalb der vorgegebenen Fristen zu erledigen.
Beispielsweise hatten Patrick und ich in der ursprünglich für Texterstellung, Gegenlesen, Rückmelden und Verbessern der Texte vorgesehenen Phase nicht genug Zeit, weshalb wir die Zeitplanung bereits in dieser Phase nach hinten verschieben mussten. So etwas ist war vor allem für jene fleißigen Autorinnen und Autoren blöd, die sich an die Fristen halten und dann aber am längsten auf die Veröffentlichung ihrer Texte warten müssen. :-/ Da davon auszugehen ist, dass schon einige der Beiträge für Verzögerungen sorgen, ist es eigentlich Aufgabe der Herausgeber nachzuhaken und nötigenfalls Druck zu machen anstatt selbst für Verzögerungen zu sorgen.
3. Dokumentiere den Fortschritt und sorge für Einhaltung der Fristen.
4. Beschränke deinen eigenen Textbeitrag auf ein Minimum.
Wir hatten uns einiges vorgenommen: Neben der Herausgeberschaft haben Patrick und ich selbst noch einen der längsten Beiträge geschrieben, und ich habe zusätzlich noch ein Glossar zusammengestellt. Da die ganze Arbeit als Herausgeber schon eine Menge Aufwand bedeutet, ist es sinnvoll, sich mit eigenen Beiträgen zum Sammelband zurückzuhalten und sich z. B. auf ein knappes Vorwort zu beschränken.
Aufgaben eines Herausgebers: eine Übersicht
Kernaufgaben
Die drei Bereiche Akquise, Auswahl und Redaktion stellen sicher die Kernaufgaben einer Herausgeberschaft dar (weshalb sie in der Mind Map auch alle in derselben dunkelblauen Farbe dargestellt sind).- Die Akquise bedeutete für uns zum einen das Verschicken des CfP und zum anderen das direkte Anschreiben und Ansprechen potentieller Autorinnen und Autoren.
- Die Arbeit bei der Auswahl hat sich bei uns in Grenzen gehalten, da wir nur eine potentielle Ablehnung diskutieren mussten. Sollten mehr Beiträge vorgeschlagen werden als in den geplanten Sammelband aufgenommen werden können, kann die Auslese der Beiträge allerdings eine Menge Zeit in Anspruch nehmen.
- Die Redaktion war sicherlich die aufwändigste der drei Kernaufgaben. Dabei wurden die Texte etwa zwei- bis zehnmal Mal zwischen den Beiträgern und Herausgebern hin- und hergeschickt und teilweise längere inhaltliche Diskussionen geführt.
Glücklicherweise wurde uns die finale Lektoratsarbeit vom Verlag übernommen, was uns eine Menge Arbeit gespart hat.
Selber schreiben
Die Produktion eines eigenen Beitrags (in der Mindmap hellblau) nimmt selbst nochmal eine ganze Menge Zeit neben der eigentlichen Herausgeberschaft in Anspruch. Neben der Recherche und der Lektüre einer Menge verschiedener Texten muss ein eigener Text verfasst, diskutiert und in vielen Zyklen angepasst werden, bis eine publikationswürdige Version herauskommt. Deshalb sollte man sich – wie bereits erwähnt – gut überlegen, ob man neben der Herausgabe auch noch einen eigenen Text beitragen will .Projektmanagement & Kommunikation
Neben diesen Kernaufgaben habe ich in der Mind Map noch zwei weitere Aufgabenbereiche identifiziert: Kommunikation (gelb) und Projektmanagement (orange). [2] Dies sind zentrale Aufgaben eines jeden Projekts, ganz gleich, ob es sich dabei um die Herausgabe eine Sammelbandes, die organisationsweite Einführung einer neuen Softwarelösung oder die Ausrichtung der olympischen Spiele handelt. Hier gehe ich allerdings nur auf ersteres konkret ein.Projektmanagement
Vor Verbreitung eines Call for Participation sollten die Heraugeber gemeinsam einen Projektplan erstellen, der festlegt, zu welchem Zeitpunkt die verschiedenen Meilensteine erledigt sein sollten. (Man kann das dann auch in einem Gantt-Diagramm festhalten, muss man aber nicht.)Sobald es mehr als einen Herausgeber gibt, sollte eine Person für das Projektmanagement ausgewählt werden. Diese Person ist dann hauptverantwortlich dafür, dass allen Beteiligten die Fristen kommuniziert werden und auf deren Einhaltung abgezielt wird. Bei Verzögerungen ist das Projektmanagement auch verantwortlich für die Aktualisierung des Projektplans.
Schließlich sind die Herausgeber sowie im besten Fall auch die Autorinnen für die Dokumentation des Fortschritts verantwortlich. Zumindest dem Projektmanagement sollte jeweils klar sein: Wie weit ist ein Text gediehen? In welchem Status ist er beim Korrekturlesen? Wann wurde Autor X das letzte mal an die Frist erinnert? etc. Wie oben bereits erwähnt, würde ich all dies mittlerweile nicht mehr ohne ein Ticketing-System tun, in dem für jede (Unter-)Aufgabe ein Ticket angelegt wird und die dazugehörigen Kommentare den aktuellen Stand wiedergeben. Auf diese Weise habe ich selbst den besten Überblick, was ich bereits getan habe und was als nächstes zu erledigen ist. [3]
Kommunikation
Im Laufe der Arbeit an einem Sammelband müssen die Herausgeber mit verschiedenen Personengruppen kommunizieren.Sollte es – wie in unserem Fall – mehrere Herausgeber geben, so ist das zunächst die Kommunikation zwischen den Herausgebern. Die direkte Kommunikation lässt sich auf ein Minimum reduzieren, wenn am Anfang genug Zeit in die gemeinsame Erstellung eines tragfähigen Projektplans gesteckt wird, die Verantwortlichkeiten klar verteilt sind und ein Ticketing-System zur Fortschrittsdokumentation genutzt wird.
Die Kommunikation mit dem Verlag war in unserem Fall meist auf ein Minimum reduziert. Es gab aber bestimmte Arbeitsabschnitte und Diskussionspunkte, zu denen wir uns recht intensiv mit den Verlagsvertreterinnen austauschten. Das ging mit der Vertragsgestaltung und Lizenzfragen los (de Gruyter ist nicht dran gewöhnt, dass Herausgeber eine offene Lizenz fordern, wenn auch Patrick bereits einen Sammelband unter ähnlichen Bedingungen mit de Gruyter veröffentlicht hat) und endete bei der Betitelung des Sammelbandes. Die meiste Zeit hat allerdings der konkrete Austausch zu den einzelnen Texten in Anspruch genommen, da de Gruyter wie gesagt wertvolle Korrekturen und Verbesserungsvorschläge geliefert hat.
Kommunikation mit Autorinnen: Die Vorschläge des Verlags mussten – genauso wie unsere eigenen – mit den Autorinnen und Autoren abgesprochen werden. Dadurch entstand ein mehrmaliges Hin und Her ehe die finale Fassung eines Textes vorlag. Wir mussten uns auf Zitiervorgaben einigen und diese durchsetzen, aufkommende Fragen verschiedener Art beantworten und bei säumigen Autoren nachhaken. Geplant war auch eine stärkere Vernetzung der Autorinnen und Autoren untereinander, um inhaltliche Wiederholungen zu vermeiden, Querverweise zwischen den Texten einzubauen und so den Sammelband mehr als eine Gesamtheit und nicht bloß als eine Ansammlung separater Texte umzusetzen. Dies hat in gewissem Maße geklappt, allerdings hätten wir als Herausgeber da noch mehr leisten können.
Was könnte der Verlag verbessern?
Ich bezweifle, dass der papierne Sammelband das Medium der Zukunft ist. Für Texte im Artikelformat bietet sich doch eher das Web als Publikationsmedium an, weshalb Verlage m. E. zumindest eine parallele Publikation der Papierfassung sowie einer PDF- und einer HTML-Version anstreben sollten. Ich hatte mich dennoch bereiterklärt, an der Erstellung eines Druckwerks mitzuwirken, vor allem, um das Thema Linked Open Data auch mal an andere Leute als z. B. die Leser dieses Blogs heranzubringen. (Ich weiß leider nicht, ob diese Rechnung aufgegangen ist...)Insgesamt habe ich mich vom Verlag de Gruyter gut betreut gefühlt. Ich war froh über die Rat- und Vorschläge aus dem Verlag und das professionelle Lektorat. Und natürlich war es mir wichtig, dass de Gruyter unsere Bedingungen hinsichtlich einer offenen Lizenzierung (CC-BY) erfüllt hat. Sind Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten aufgekommen, so habe ich die Diskussionen mit den Verlagsvertretern jederzeit als offen und konstruktiv wahrgenommen.
Allerdings empfand ich die Verlagspraktiken nicht überall als entlastend und schließe diesen Beitrag mit zwei Vorschlägen, wie die Arbeit von Sammelbandherausgebern durch einen Verlag noch weiter erleichtert werden könnte.
- Ein Leitfaden für Herausgeber, der die wichtigsten Aufgaben eines Herausgebers und Strategien für deren erfolgreiche Umsetzung nennt, hätte mir – als Newbie in diesem Bereich – sehr weitergeholfen. Ich habe auch im Web nach einem solchen Leitfaden recherchiert und auf die Schnelle nichts gefunden. Hinweise in den Kommentaren sind willkommen. (Falls jemand vorhat, einen solchen Leitfaden zu erstellen: Dieser Text steht unter der CC0 Public Domain Dedication und kann ohne jegliche Bedingungen ganz oder in Teilen weiterverwendet werden.)
- Ich würde eigentlich von einem modernen Verlag eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der möglichen Dateiformate der Textbeiträge erwarten. Mich hat es sehr verwundert und gestört, dass die Texte allein als docx eingereicht werden konnten, was für mich u. a. bedeutete, dass ich monatelang mit Windows arbeiten musste, wo ich seit einigen Jahren – so weit es eben geht – sowohl beruflich wie auch privat auf ein Linux-Betriebssystem (Ubuntu) umgestiegen bin. (Offensichtlich ist das alleinige Akzeptieren von MS-Word-Formaten Standard bei Verlagen wie mir beim Lesen eines Blogbeitrags von Martin Fenner klar wurde.) Meines Erachtens sollte ein Verlag nicht nur eine docx-Vorlage, sondern zumindest auch eine LaTeX- und eine Markdown-Vorlage anbieten und sinnvollerweise auch eine odt-Vorlage. Das dürfte den Formatierungsaufwand für den Verlag sogar mittelfristig reduzieren. Im Falle unseres Sammelbandes hätten sicher einige der Autorinnen und Autoren Alternativen zu Microsoft-Office-Formaten begrüßt.
Fußnoten
[1] Dem könnte man widersprechen mit dem Hinweis darauf, dass ein Projekt erst nach Fertigstellung eines Projektberichts inklusive der Lessons Learned abgeschlossen ist. Demnach wäre das Projekt erst mit Veröffentlichung dieses Beitrags beendet.↵
[2] Es sei dahingestellt, ob es sinnvoll ist, Kommunikation als separaten Aufgabenbereich hinzustellen. Schließlich spielt das Kommunizieren – mit den Autorinnen und Autoren und den Verlagsvertreterinnen sowie der Herausgeber untereinander – bei der Herausgabe eines Sammelbands an fast jeder Stelle eine wichtige Rolle. Da es viel Zeit in Anspruch nimmt, scheint es mir jedenfalls sinnvoll, das hier gesondert aufzuführen. ↵
[3] Ich werde versuchen, im hbz-LOD-Blog in der nächsten Zeit einmal die Projektmanagement-Praktiken vorzustellen, die wir bei den entsprechenden hbz-Projekten etabliert haben. (@Christian: Du kannst mich gerne wieder dran erinnern, falls nach dieser Ankündigung wieder nichts passieren sollte. :-) ↵
2 Kommentare:
Du bloggst nicht oft, aber wenn, dann richtig. Vielen Dank, Adrian!
Danke für Deinen ausführlichen Rückblick! Regina
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